Aufgrund des Interviews, das Niki Glattauer selber vorbereitet hat, und der anschließend an seinen Suizid erfolgten medialen Berichterstattung haben wir in den letzten 12 Tagen mehrfach die Gelegenheit gehabt, vom Thema „Assistierter Suizid“ zu hören bzw. zu lesen. Entsprechende Links sind unten angeführt.
Die Berichterstattung ist jeweils geprägt von dem persönlichen Hintergrund der Verfasser. So wie bei anderen Themen divergieren die Meinungen teilweise sehr stark.
Zuallererst möchten wir als Vertreter und Vertreterinnen der Ärzteforen für das Leben unser Bedauern zum Ausdruck bringen, dass Niki Glattauer offenbar keine andere Möglichkeit für sein Lebensende gesehen hat als den Suizid. Warum er den Weg über die Öffentlichkeit gewählt hat bzw. was er damit bezweckte, wird unklar bleiben.
Offenbar war es Niki Glattauer in dem Interview wichtig, seinen Schritt der Öffentlichkeit zu „erklären“. Er hat darin eine Begründung angeführt, die wir nicht unkommentiert lassen möchten, weil sie gemäß der Gesetzeslage nicht korrekt ist.
Er sagte: „Wenn eine Frau das Recht hat, abzutreiben, weil sie sich gegen ein Kind entscheidet, muss auch der Mensch am Schluss seines Lebens das Recht haben, zu sagen, ab jetzt will ich nicht mehr leben.“
Inkorrekte Schlussfolgerung „Recht auf Abtreibung“
Gerade bei dem sensiblen Thema „Abtreibung“ ist es essenziell, dass die Begrifflichkeiten korrekt und präzise verwendet werden, und die juristischen Voraussetzungen exakt wiedergegeben werden.
Auch in der Österreichischen Rechtsprechung gibt es kein „Recht auf Abtreibung“: So wird in dem österreichischen Gesetz zur Fristenregelung von 1975 (StGB § 96 und § 97) der Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Umständen straffrei gestellt, dennoch ist er rechtswidrig. Da es beim Schwangerschaftsabbruch um die Abwägung der Rechte zweier Menschen geht, ist ein „Recht auf Abtreibung“ ein Widerspruch in sich. Jeder Schwangerschaftsabbruch betrifft nicht einen, sondern immer zwei Menschen und daher erfolgt immer die Abwägung zweier Grundrechte: erstens, dem Grundrecht der Frau über ihren Körper zu entscheiden; zweitens, dem Grundrecht des Kindes auf Leben.
Allein deswegen kann von der Gesetzeslage bei Abtreibung kein Recht auf Suizid abgeleitet werden bzw. ist eine Schlussfolgerung von der Abtreibung auf den Suizid nicht schlüssig.
Was hat Assistierter Suizid mit Abtreibung zu tun?
Nichts. Die Annahme, dass eine Frau ein „Recht auf Abtreibung“ hat, ist falsch. Daraus die Rechtfertigung abzuleiten, das Lebensende in Form eines (assistierten) Suizids in einem „schönen Sterben“ aktiv zu beenden, beruht nicht auf Tatsachen und ist ebenso falsch.
Der Lebensschutz hat schon immer darauf hingewiesen, dass die Liberalisierung der Abtreibung generell dazu führt, dass das Leben als Ganzes weniger Wertschätzung erlebt und auch der Wert und die Würde jedes Menschen an sich. Wenn eine Gesellschaft die Ungeborenen nicht schützt, warum dann die Älteren? Wenn das Leben eines ungeborenen Kindes aktiv beendet werden kann, warum dann nicht das eines geborenen Kindes oder das eines kranken, behinderten oder alten Menschen?
So wie am Anfang des Lebens brauchen wir auch am Ende des Lebens etwas anderes als den Ausbau des „Angebotes“. Wir brauchen am Beginn des Lebens nicht noch leichteren und niederschwelligeren Zugang zu Abtreibung, sondern die konsequente Umsetzung der flankierenden Maßnahmen (also Unterstützung von Frauen / Eltern im Schwangerschaftskonflikt, Aufzeigen der Ressourcen und Alternativen zum Schwangerschaftsabbruch, usw.). Ebenso bedarf es am Ende des Lebens des Zugangs zu Palliativmedizinischer Versorgung, um allen Betroffenen und deren Angehörigen zu ermöglichen, diese niederschwellig zu erfahren und in Anspruch nehmen zu können.
Medizinische und gesellschaftspolitische Bestrebungen sollten sich daher auf den Ausbau von und den Zugang zu flächendeckender Palliativmedizin fokussieren!
Links zum Thema
- Begleiteter Suizid: „Ich will in Würde sterben“, sagt Niki Glattauer – FALTER Interview am 25.08.2025, veröffentlicht am 02.09.2025
https://share.google/RuW7nQyLgtGmJXz2X - ZIB 2 vom 04.09.2025 – ORF ON: Debatte um assistierten Suizid entfacht
https://on.orf.at/video/14290128/zib-2-vom-04092025 - Gastkommentar: Wie assistierter Suizid Gesellschaft und Medien verändert von Mag. Susanne Kummer in Die Presse, 05.09.2025
https://www.diepresse.com/20065026/wie-assistierter-suizid-gesellschaft-und-medien-veraendert - An der Seite des Lebens stehen bis zuletzt von Bischof Hermann Glettler, 05.09.2025
https://www.erzdioezese-wien.at/site/home/nachrichten/article/131820.html - Ist Hilfe für sterbenskranke Menschen ein Luxusgut?, 11.09.2025 | Radio Ö1
https://oe1.orf.at/player/20250911/807056 - Sterben auf Rezept: Fortschritt oder Fehler? – Talk im Hangar 7, ServusTV On, 11.09.2025
https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa1tg78rcy72b78u4ys8/